Dr. med Rupprecht Wick über Personal Health Coaching

Dr. med. Rupprecht Wick erzählt wieso es Personal Health Coaching braucht.

Durch einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Bewegung, gesunder Ernährung und wenig Stress können mehr als die Hälfte aller nicht übertragbaren Krankheiten, wie Herz-Kreislauf Erkrankungen verhindert werden. Als Facharzt für Sportmedizin, Kardiologie und Innere Medizin sieht Rupprecht Wick regelmässig Patienten:innen, die bereits ein kardiales Ereignis hatten. Bei vielen hätte man diese Krankheiten verhindern oder mindestens herauszögern können. Rupprecht Wick erzählt im Interview, wieso er sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Personal Health Coaches wünscht.

 

Wo siehst du im aktuellen Versorgungssystem Lücken bei einem/einer Herz-Kreislauf Patienten:in?

In erster Linie sehe ich Lücken in der Primärprävention. In diesem Bereich wird in Relation viel viel weniger investiert als bei der Sekundärprävention, vor allen Dingen durch die grundversichernden Krankenkassen, aber auch durch die Bevölkerung selbst. Aber auch in der Sekundärprävention entsteht regelmässig eine Lücke nach Akut- und Rehabilitationsbehandlung. Herz-Kreislauf-Patienten:innen haben multiple ärztliche Anlaufstellen (Hausärzte, Kardiologen, Diabetologen, Angiologen, Neurologen, etc.) und sowohl medikamentös-konservative, komplementärmedizinische als auch interventionelle Therapiemöglichkeiten. Zur Behandlung der persönlichen Lifestylefaktoren könnte die Versorgung jedoch noch deutlich ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang steht für mich die körperliche Aktivität und herzgesunde Ernährung im Vordergrund. Aber natürlich unbedingt auch psychologische Aspekte, Rauchstopp, Stressbewältigung am Arbeitsplatz, Achtsamkeit- und Resilienzschulung, Schlafqualität etc. – kurz: Coaching.

Wie viel Zeit hast du als Arzt um Verhaltensänderungen bei Patient:innen zu initiieren?

Meine Zeit ist bei stabilen Herz-Kreislauf-Patienten:innen sowohl durch organisatorische als auch durch monetäre Aspekte in der Regel auf maximal 2 Konsultationen pro Jahr begrenzt. In diesen Konsultationen kann ich für Anamnese, Verordnungen, Untersuchungen, Bericht, etc. maximal 60-90 Minuten investieren. Bei kränkeren Patienten:innen sind selbsterklärend häufigere Konsultationen möglich. In dieser Zeit bleiben jedoch nur wenige Minuten, um auf alle obengenannte Aspekte einzugehen. Dies ist schlussendlich mit einer Unterversorgung gleichzusetzen, da eine reine Informationsabgabe meist nicht in Lebensstiländerungen mündet.

Wieso würdest du einem Patient:in Personal Health Coaching empfehlen?
 
 
Genau aus der Konsequenz beider oben genannter Aspekte. Einerseits aufgrund der gut untersuchten und bewiesenen Wichtigkeit gesundheitsmodifizierender Massnahmen bezüglich nicht übertragbarer Erkrankungen und andererseits aufgrund der begrenzten Möglichkeiten im therapeutisch-ärztlichen Alltag. Zudem besteht eine grosse Individualität der Behandlung durch das Personal Health Coaching sowie allzeit der Versuch der Personal Health Coaches alle «Player» in das Coaching miteinzubeziehen, also Ärzte, Therapeuten, Trainer, etc.
 

Was überzeugt dich als Arzt bei den Personal Health Coaches?

Ideal finde ich den Ausbildungsweg. Die Coaches bewältigen eine Ausbildung (CAS), um in medizinischen Fragestellungen geschult zu sein, psychologische Aspekte verstanden zu haben und Wissensinhalte bezüglich gesundheitsrelevanten Themen wie Ernährung, Risikofaktoren, Bewegung etc. empfehlen zu können. Hierbei tragen sowohl die schriftliche als auch die mündliche Prüfung sowie die Praxisarbeit mit direkt zu behandelnden Klient:innen/Patient:innen während der Ausbildung bei. Ich schätze die hohe Motivation, die für den noch jungen Ausbildungsweg nötig ist sehr. Diese kommt dann schlussendlich vor allem auch den Klienten:innen zum Vorteil. Auch beim Coaching ist schliesslich eine anhaltend grosse Motivation essenziell. Die jährliche Weiterbildungsverpflichtung halte ich für optimal, sodass die Beratenden immer auf dem neuesten Stand sind. Auch den persönlichen Austausch mit den Coaches, den ich bisher erlebt habe, fand ich jederzeit äusserst fruchtbar.

 

Wie siehst du zukünftige Kooperationsmöglichkeit zwischen Ärzten und Personal Health Coaches?

Ich wünsche mir eine möglichst optimale Verknüpfung zwischen täglicher Sprechstunde und Weiterempfehlungen an Personal Health Coaches, sobald ich dies als nötig erachte. Idealerweise würden diese Behandlungen zukünftig flächendeckend von den Grundversicherern unterstützt. Zugleich wünsche ich mir weiterhin einen regen Austausch, um gemeinsam am Procedere zu arbeiten, egal ob Primär- oder Sekundärprävention. Idealerweise detektieren Personal Health Coaches auch frühzeitig Patienten mit erhöhten Risikofaktoren jedweder Natur, die so bereits in der Primärprävention gesehen werden und sonst den ärztlichen Behandlungen entgehen. Denn momentan behandeln wir aus ärztlicher Sicht weiterhin zum allergrössten Teil Krankheiten, statt sie vorher verhindern zu können – zu früh geht selten jemand zum Arzt/zur Ärztin, das Gegenteil schon eher…

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